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Er würde es herausfinden! Nichts bliebe ihm verborgen! Er hätte alle Kniffe schon in der Vergangenheit gelernt, nichts könne ihn aufhalten. Langsam würde er sich vorwärtstasten. Abbringen könne ihn niemand, er kenne sein Ziel, er würde es erreichen, würde niemals vorher aufgeben. Auszuschalten sei er nicht! Er wüßte um die geheimen Pläne, um die eigentlichen Vorhaben, und um die Fährten und Vorgaben, diese zu verdecken - aber nicht mit ihm! Der Chef sei ihm völlig suspekt, er traue ihm nicht, er würde ihn überraschen, schon bald. Man erwarte ihn, rechne mit ihm, aber er bliebe unerkannt, bis es zu spät sei. Doch es wäre nicht einfach, man müsse aufpassen, bei jedem Schritt, den man sich vortaste. Schon als Kind sei er unauffälliger Bestandteil des Hintergrundes gewesen, geheim, verschwiegen, sogar vor sich selbst.
Jetzt hätte er seine Aufgabe, seine Chance - und er würde sie nutzen, würde bald alles wissen, und dieser Kern wäre fertig, am Ende, er schlage sich jetzt mit den Regierungsbeamten herum und meine, daß sie die eigentliche Gefahr für ihn seien, vor der er sich in acht zu nehmen hätte - und währenddessen habe er in deren totem Winkel freies Spiel, könne machen, was er wolle und falle nicht auf.
Doch es sei sehr schwierig, jene mangelnden Sicherheitsvorkehrungen zwar ein Verstoß gegen das Gesetz, aber doch eigentlich nicht wahrhaft besorgniserregend - es müsse sich etwas anderes dahinter verbergen.
Lange habe er gebraucht, ehe er überhaupt auf diese aufmerksam werden konnte. Es sei alles gut verborgen hinter dem Grinsen steifer Büroangestellter an gelackten Tischen, die die Schweinereien in sich selbst vermuten ließen und so die Aufmerksamkeit auf sich zogen, bis man merke, daß sie nur leeres aufgeblasenes Fleisch seien, nicht mehr.
Aber jetzt sei er gekommen, und er würde es herausfinden - alles. Er würde die Verborgenheiten ins Licht ziehen; Rücksichten würde er nicht kennen.
Die ganze Firma erscheine ihm als ein Ort, der sich ihm dauernd zu entziehen trachte, der dauernd vorgab, ein anderer zu sein. Die ersten Tage seien schwierig gewesen, aufgefallen sei er nicht, allerdings wäre auch ihm nichts aufgefallen. Nun käme es darauf an, sich in das Netz einzustricken, um sich nicht darin zu verfangen. Einmal sein Bestandteil, würde er versuchen, in ihm die Laufmasche zu finden, von der heraus man es auflösen könne. Und nun schon etwas vorgedrungen, sei er sich sicher, daß es sich gewissermaßen um zwei Netze handele, die übereinander lägen - das eine zur Tarnung des anderen. Und das, was sich immer mehr als das eigentlich Unheimliche herausstelle, sei, daß jenes verborgene Netz nur zum Teil beherrschbar und begehbar sei, daß es unbemerkt beginne, sich selbst zu spinnen.
Gemüse, Nahrungsmittel und die Steigerung der Effektivität ihres Anbaues wären auf jeden Fall nur ein Vorwand, der die eigentlichen Interessen verberge - so viel stünde fest.
Auch hier gehe es um die Entschlüsselung und Beherrschung jener eigentlichen Sprache, der Sprache alles Lebendigen, der Sprache, in der wir alle geschrieben seien, so daß wir, die Geschriebenen nun versuchten, die Schrift, die uns ausdrücke, selbst zu schreiben. Es gehe hierbei um nichts anderes, als die Evolution ab jetzt selbst in die Hand zu nehmen. Die Unterwerfung der Gene unter die Zwecke einer funktionalen Gesellschaft. Vorgeschoben und blauäugig - manche Beteiligten glaubten es immer noch selbst - sei das Argument, nur dem Wohle einer gesamten Menschheit dienen zu wollen, wirklich gehe es um Sicherung der Macht, um die größtmögliche Kontrolle, nun sogar schon vor der eigentlichen Existenz der Kontrollierten. Daß die Schrift dabei unleserlich werden könne, vergesse man.
Sie seien schon weit, und für sie käme es nun hauptsächlich darauf an, ihr rasches Fortschreiten so lange als möglich zu verbergen - irgendwann wäre es nämlich zu spät, es noch aufzuhalten.
Es gäbe geheime Räume. In ihnen geschähen Dinge, die sich der Kontrolle der Experten entzögen. An den Grenzen des Lebens träten gewisse Unwägbarkeiten auf - es könne leicht vieles ins Schwanken geraten.

 


Nikolai Vogel & Kilian Fitzpatrick: PLOT Leseprobe

© 2002 by Vogel & Fitzpatrick GbR Black Ink
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