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Jura

Eine Entdeckung

Kleine Übersicht

Blick auf das Städtchen Arbois im Jura

Das Jura ist in Deutschland als Weingebiet weitgehend unbekannt. Hierzulande kennt man natürlich Bordeaux und Burgund und dann das Elsaß, die Rhone und vielleicht etliche weitere der zahlreichen französischen Anbaugebiete, das Jura taucht aber auch in Weinbüchern oft nur als Exot darunter auf, der im Überflug, der Vollständigkeit halber schnell abgehandelt wird. Jura-Wein ist keiner, der an internationale Geschmacksvorlieben angepasst ist, man muss sich auf ihn einlassen, wie auf gute Musik, die sich auch nicht beim ersten Anhören erschließt. Er ist nicht jedermanns Sache, und das ist ja auch gut so, zeugt es doch umsomehr von seinem eigenständigen Charakter. Aber Jura-Wein scheint dennoch keine Absatzschwierigkeiten zu haben. Er wird getrunken, hauptsächlich wohl im Jura selbst und in Paris. Billig ist er nicht. Wer ihn kennt und schätzt, weiß um seine Qualität und seine oft überragende Fähigkeit zu altern.

Das Jura-Weinanbaugebiet beginnt etwas südlich von der Stadt Besançon und erstreckt sich über etwa 80 Kilometer bis zum Städtchen St-Amour. Eine gute Möglichkeit, Jura-Wein vor Ort kennenzulernen, bietet sich z.B. im Städtchen Arbois, wo etliche der größeren Domains Ladengeschäfte betreiben. Oder man gehe nach Poligny, in die Käsegeschäfte, die zum Cómte natürlich auch Jura-Wein im Sortiment haben. In vielen Weinorten gibt es auch Winzergenossenschaften, die ihre Erzeugnisse verkaufen. Am interessantesten ist es natürlich, wie auch anderswo, die Winzer selbst zu besuchen. Dafür sollte man allerdings im Vorfeld jeweils rechtzeitig nach einem Termin anfragen.

Weinberge bei Chateau-Chalon

Die wichtigsten Rebsorten für Rotwein sind im Jura Poulsard, Trousseau und Pinot Noir. Die Weißweinsorten sind Chardonnay und Savagnin. Poulsard, Trousseau und Savagnin sind die typischen Jura-Sorten. Im Gegensatz zu Pinot Noir und Chardonnay, die längst ihren Siegeszug durch die ganze Welt angetreten haben und in vielen Anbaugebieten vorkommen, findet man sie wohl nur im Jura.

Der Poulsard - oft auch als Ploussard bezeichnet - ist ein eher hellfarbiger Rotwein. Im Aroma zeigt er oft Sauerkirsche und Himbeere, sowie etwas pfeffrige Töne. Man trinkt ihn nicht zu warm, sondern einige Grad unter Zimmertemperatur.

Der Trousseau ist meist dunkler und voller, sein Aromenspektrum zeigt dunkle und rote Früchte und Wildtöne. Er ist langlebig. Gute Jahrgänge von guten Erzeugern vertragen zwanzig Jahre und mehr. Nicht zu warm servieren, lieber 15 Grad, als Zimmertemperatur.

Der Pinot Noir fällt im Jura oft etwas rustikaler aus, als im nahen Burgund, er zeigt nicht so viele Holznoten und wirkt bodenständiger. Erdbeere, Brombeere und gelegentlich angenehme Bitternoten, zeichnen ihn aus. Gute Flaschen sind durchaus lagerbar und lohnen den Vergleich. Wie die Burgunder sind 16 Grad Celsius für ihn als Trinktemperatur zu empfehlen.

Ähnlich der Chardonnay. Er ist meist nicht so vanillig und nussig wie im Burgund, sondern fruchtbetont, mit ganz eigenem Charakter. Auch er verträgt die Lagerung meist gut und belohnt sie mit zunehmender Komplexität und feiner Sekundäraromatik.

Der größte Schatz des Juraweins ist der Savagnin. Man findet ihn verschnitten mit Chardonnay, mit dem er sehr gut harmoniert, oder als reinsortigen Savagnin. Häufig hat er Aromen von Mandel, Apfel und Mineralien, die sich mit den Jahren entfalten und an Komplexität zunehmen. Seine größten Meriten erreicht er im Vin Jaune, im "gelben Wein". Dieser ist ein Savagnin, der sechs Jahre lang im Holzfass ausgebaut wird. Dabei wird der Schwund, der durch die Verdunstung eintritt, nicht wieder aufgefüllt, sodass nach und nach etwa ein Sechstel des Fassinhaltes der Luft weicht. Nach allen Regeln der Kunst müsste der Wein dabei oxidieren und kaputt gehen. Das tut er nicht, weil sich auf der Oberfläche eine Hefeschicht bildet, die den Wein schützt und ihm ein unverwechselbares, sherryartiges Aroma verleiht. Nach dem langen Ausbau im Fass wird der Vin Jaune in 62cl-Flaschen abgefüllt, sogenannten Clavelins. Als Begründung für die kleineren Flaschen bekommt man im Jura oft die Geschichte erzählt, dass die fehlenden 13cl, eben der Anteil für die Engel wären, der im Fass verdunstet ist.

Vin Jaune hat sehr oft Walnuss und Butteraromen und entfaltet mit den Jahren ein wunderbar komplexes Bukett. Er passt hervorragend zum Comté, dem bekannten Käse der Region, der ein Verwandter des schweizerischen Greyerzer ist. Guter Vin Jaune hält, wenn er richtig gelagert wird, ein Leben lang. Dass das auch durchaus wörtlich genommen wird, erfuhren wir von einem Bekannten aus Besançon. Er erzählte uns, es sei im Jura üblich, zur Geburt eines Kindes loszugehen und Vin Jaune zu kaufen. Dieser wird aufgehoben und altert mit dem heranwachsenden Menschen. Getrunken wird er dann auf dessen Beerdigung - und selbst wenn der Mensch hundert wird, wird der Wein dieses Alter mitmachen. So lange sollte aber nur warten, wer sich seiner Freunde ganz sicher ist, sonst trinke man ihn lieber rechtzeitig selbst! Der Wein, so kostbar er ist, eignet sich auch hervorragend zum Kochen. Coc au Vin Jaune (Hühnchen in Vin Jaune-Sauce) kann sensationell sein, und muss sich vor burgundischer Konkurrenz (die ihn in Rotwein legt) keinesfalls verstecken. Einen Vin Jaune sollte man mehrere Stunden vor dem Servieren entkorken, damit er sich entfalten kann, und keinesfalls zu kalt trinken, also nicht aus dem Kühlschrank, sondern mit etwa 14-15 Grad Celsius.

Weinhang bei Chateau-Chalon

Im Jura gibt es auch einen raren Süßwein, den Vin de Paille, also übersetzt "Strohwein", der ebenfalls jahrzehntelang lagerfähig ist. Er wird aus reifen Trauben gemacht, die mehrere Wochen auf Holzgittern lagen, wobei sie einschrumpfen und rosinieren. Daraus entsteht, wenn gelungen, ein aromatischer, sehr zuckerhaltiger, hochkomplexer Wein. Der Vin de Paille kann aus allen Jura-Traubensorten bereitet werden, meist besteht er aus Chardonnay, Poulsard und Savagnin. Die genaue Zusammensetzung variert von Winzer zu Winzer. Die Herstellung ist aufwendig, 100 Kilogramm Trauben ergeben nur etwa 20 Liter. Guter Vin de Paille ist daher nicht billig. Man trinkt ihn gekühlt wie Weißwein.

Auch Schaumwein wird im Jura erzeugt. Der Crémant du Jura besteht meist aus Chardonnay und kann sehr ansprechend sein. Von Winzern, deren Chardonnay einem schmeckt, sollte man ihn in jedem Fall probieren.

Viele Winzer haben auch den Macvin im Angebot, einen Likörwein, der aus zwei dritteln Traubenmost und einem Drittel Marc (Tresterbrandwein) hergestellt wird und ca. 18 Prozent Alkohol hat. Im Jura trinkt man ihn als Aperitif oder nach dem Essen.

Montigny-les-Arsures

Im Jura gibt es sechs Herkunftsbezeichnungen, die auf den Etiketten auftauchen können, nämlich die Gebietsbezeichnungen Arbois, Chateau-Chalon, Etoile, Côtes du Jura, sowie die Produktbezeichnungen Crémant de Jura und Macvin du Jura. Zu Arbois gehört auch das Gebiet Arbois-Pupillin, woher sehr feinfruchtige Weißweine kommen. Die Herkunftsbezeichnung Chateau-Chalon gilt nur für Vin Jaune. Andere Weine dieses Anbaugebietes werden als Côtes du Jura etikettiert. Ein Chateau-Chalon ist also immer ein Vin Jaune und potentiell einer der besten. Auf dem Etikett steht schlicht "Chateau-Chalon". (Achtung: Chateau-Chalon ist kein Erzeuger, also nicht ein Chateau wie etwa im Bordeaux, sondern wie gesagt ein Anbaugebiet, in dem viele Winzer tätig sind.) In den anderen Anbaugebieten steht für den gelben Wein immer explizit "Vin Jaune" auf dem Etikett, also z.B. "Arbois Vin Jaune".

Feldweg bei Pupillin

Natürlich fallen auch im Jura die Jahrgänge unterschiedlich aus, die Weine sind mal voller, mal filigraner. Vin Jaune wird nur in guten Jahren hergestellt. Wer mit Bedacht auswählt, bekommt langlebige Weine, die selten enttäuschen und sogar zu den größten jedes Kellers gehören können.

Reports:
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Jura 2002: Besuch bei Bacchus
Jura 2001: Ins Land der gelben Weine

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