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Na`Phez Remarque war normalerweise Kraftfahrer. Zwar war er früher sehr streitsüchtig gewesen, war aber immer mehr davon abgekommen und liebte jetzt die Ruhe. Allerdings war an diese Ruhe im Moment nicht zu denken, es war ja Krieg. Deshalb mußte Remarque jetzt die Couse in der Hand tragen, den Dolch an der Seite und einen Helm auf dem Kopf, der aussah wie ein Nachttopf. Eigentlich haßte er die Couse. Als der Einberufungsbescheid kam, hat er dem Unteroffizier gesagt:

"Am liebsten wäre ich Bogenschütze, wenn ich sowieso in den Krieg muß."

Und dann wäre er jetzt nicht mit der Couse unterwegs, sondern mit einem zwei Meter langen Bogen, dem Lederköcher mit etwa vierzig Pfeilen darin, dem Schwert an der Seite und dem Schützenwams. Und weil man als Bogenschütze wesentlich beweglicher ist als als Cousenier, wäre er auf die Idee gekommen, den leidigen Krieg durch das Töten des gegnerischen Herrschers zu beenden. Er hätte sich also von seiner Truppe getrennt, wäre rückwärts gelaufen, und hätte das Feld der Streiter großräumig umgangen.

Vorsichtig, auf Außenposten achtend, wäre er durch den friedlichen Wald geeilt, wo noch nichts zu hören ist vom Schlachtenlärm. Sein heldenmütiges Herz hätte erst zu klopfen begonnen, als er sich von hinten dem Hügel genähert hätte, worauf die Herren des Gegners stehen. Am Fuße des Hügels hätte er noch einmal tief durchgeatmet, hätte noch einmal das Für und Wider abgewägt:

"Wider: Ich töte ihn, obwohl er mir persönlich nichts getan hat.

Für : -Der Kampf ist danach vorbei, das weiß man ja vom

Schachspiel.

-Meine Partei wäre Sieger.

-Ich wäre ein toller Held.

Und außerdem: wenn ich jetzt zurückgehe in die Schlachtreihen, dann werde ich wegen Feigheit erschossen, wenn ich nicht vorher die Heldentat vollbracht habe. Also."

Das Für hätte überwogen, er wäre vorsichtig den Hügel hinan-gekrochen.

Natürlich wären Wachen dagestanden, aber er wäre einfach zwischen ihnen durchgeschlichen. Und dann - dann hätte er die Mächtigen des Gegners (aus der Froschperspektive natürlich noch imposanter) stehen gesehen: in ordensübersäten Röcken, mit hohen Stiefeln auf hohen Pferden, den Säbel an der Linken und das Fernrohr in der Rechten, ab und an den gegenüberliegenden Feldherrnhügel (es gibt immer zwei davon), die Front und das Wetter begutachtend. Manchmal deutet einer irgendwo hin, und die anderen schauen nach, was er dort gesehen haben könnte...

Wenn man sie so stehen sieht - ein idyllisches Bild, das man eigentlich nicht stören möchte. Doch man entsinnt sich seines Planes, sucht den höchsten der Hügelsteher aus, legt den besten Pfeil in die Sehne, zieht ihn bis zur Spitze durch, damit der andere nicht leiden muß, zielt sehr genau auf seinen Hals, damit der Pfeil nicht durch einen schlechten Einfallswinkel von Harnisch oder Helm abprallt, und läßt die Sehne fahren...

Nunja, Remarque wäre als Bogenschütze doch noch berühmt geworden, denn zwar wäre der Pfeil himmelweit vorbeigegangen, aber der Schütze wäre als erster Kriegsgefangener ins Lager des Feindes gebracht worden.

 

[ Kapitel VII ]

 

© 1998 by Vogel & Fitzpatrick GbR Black Ink
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