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Eines Tages ging der Sohn der beiden, er war ungefähr noch sehr jung, zum Wasserholen und hörte plötzlich eine Stimme, die sagte:


"Berühre mich!"

Er suchte nach dem Sprecher dieser Worte, fand ihn aber nicht, denn er wußte nicht, daß auch was sich nicht offensichtlich bewegt, sprechen können kann.

 

 

 

"Wo bist du?", fragte er ängstlich.

"Hier! Hier unten bin ich!"

Da sah er eine neue Quelle; er berührte sie, und sie sprach:

"Ich bin eine neue Quelle. Du hast mich entdeckt. Deshalb heiße ich so, wie du heißt. Das ist bei uns Quellen ein altes Gesetz, daß wir den Namen unseres Entdeckers annehmen. Wie also heißt du?"

"Ich heiße Egon", sagte der Bursche und war stolz, als die Quelle antwortete:

"Ich heiße Egon-Quelle. Nimm dieses Fläschchen. Es enthält etwas von meinem Wasser. Wenn du in Not bist, öffne es, dann wird es versuchen, dir zu helfen. So hast du immer einen Teil von mir bei dir. Und was treibst du sonst so? Wenn du nicht gerade Wasser holst und Quellen entdeckst, meine ich."

"Nun, ich bin der Sohn von Asmir und Traudl und lebe bei ihnen von den Tieren und Pflanzen des Waldes und von Quellwasser."

"Und was willst du in Zukunft machen?"

"Zukunft? Was ist denn das?"

Die Quelle schwieg ein Weilchen. Dann sagte sie:

"Geh nach Hause, bring die Eimer heim und hole ein leeres Gurkenglas."

Der Knabe tat, wie ihm geheißen, und als er zurückkehrte, bedeutete ihm die Quelle:

"Im Becken der Traudl-Quelle schwimmt ein Goldfisch. Er heißt Quick-Quack. Sage ihm, er soll in dein Gurkenglas hüpfen und fülle dann etwas von meinem Wasser dazu."

Egon hielt das Gurkenglas an den Rand des Beckens und sagte:

"Lieber Goldfisch Quick-Quack! Ich heiße Egon! Bitte springe in dieses Gurkenglas!"

Hinter einem Stein, der im Becken lag, schwamm ein kleiner dunkelschillernder Goldfisch hervor. Er nickte bedeutungsvoll und sprang mit einem großen Satz in das Gurkenglas. Der Junge füllte es mit Wasser aus der Egon-Quelle auf und schraubte den Deckel darauf, nachdem er Luftlöcher hineingestochen hatte.

"Nun, Egon, berühre das Gestein neben mir!", befahl die Quelle weiter. Er tat ihr den Willen, und siehe! eine Pforte sprang auf, die schräg nach unten in den Fels hineinführte.

"Das ist der Weg in deine Zukunft. Steige hier in den Berg, oder laß es auf immer. Du brauchst dich nicht zu fürchten, denn mit dir gehen mein Wasser (im Fläschchen!) und Quick-Quack. Diese beiden werden dir in allen Gefahren des Weges beistehen, sooft du ihre Hilfe benötigst. Lebe wohl! Wenn du zurückkehren wirst, werde ich mich dem Flusse meiner Nachbarquelle angeschlossen haben. Dann können wir das Leben gemeinsam bewältigen."

Noch zögerte der Fortgeschickte:

"Wie kann mir dein Wasser helfen?"

"Für jeden Tropfen in der Flasche hast du einen Wunsch frei, den Wasserkraft erfüllen kann. Sprich ihn nur aus, es gibt viel, was Wasser vermag."

 

Egon war zufrieden. Er steckte das Fläschchen in den Hosensack, nahm das Gurkenglas mit Quick-Quack in die Hand und kroch in den dunklen Berg hinein.

 


© 1998 by Vogel & Fitzpatrick GbR Black Ink
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