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Bolgheri

Einführung

Bolgheri

1942 pflanzte der Baron Mario Incisca della Rocchetta in Bolgheri die ersten Reben, weil er den Wein aus Bordeaux so schätzte und nicht wusste, wie lange der Krieg noch dauern würde. Bis in die Siebzigerjahre dauerte es, bevor sein Sassicaia kommerziell vermarktet wurde. Spätestens seit der amerikanische Weinkritiker Robert Parker in seiner Veröffentlichung Wine Advokat dem Sassicaia des Jahrgangs 1985 die Höchstpunktzahl 100 vergab, galt er als begehrter Kultwein, sein Preis vervielfachte sich, und Bolgheri wurde ein Gebiet, das unter der Beobachtung von Weinliebhabern aus aller Welt stand.

Bolgheri ist somit kein traditionelles, altes Anbaugebiet. Man kann höchstens davon sprechen, dass für typischen Bolgheri die selben Rebsorten wie für Bordeaux verwendet werden (Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot) und dass er sich durch eine bordeaux-ähnliche Aromatik auszeichnet, dabei aber etwas weicher ist und süßere Tannine hat, womit er eben seine Herkunft aus der Toskana zum Ausdruck bringt. Allerdings sind viele der Weingüter Bolgheris sehr jung, die Reben müssen erst in das Alter kommen, in dem sie ihr volles Potential zeigen können - zudem wird allerorten noch viel experimentiert, es gibt eine Vielzahl verschiedener Cuvées. Es dürfte also nicht leicht sein, einen Bolgheri auf einer Blindprobe herauszuschmecken, zu vielfältig sind seine derzeitigen Erscheinungsformen.

Blick von Castiglioncello auf den Urwald und Weinlagen

Die Weinlagen des DOC-Gebietes Bolgheri erstrecken sich hauptsächlich zwischen Bolgheri und dem südlichen Nachbarort Castagneto Carducci, der malerisch auf einem Hügel liegt. Den Zusatz "Carducci" gab sich das Örtchen nach dem Schriftsteller Giosue Carducci, der die Zypressenallee nach Bolgheri in seinem berühmtes Gedicht "Davanti San Guido" verewigte und 1906 als erster Italiener den Literaturnobelpreis erhielt.

Rund um Bolgheri gibt es viel Wald, richtigen Urwald. Die Gegend ist reich an Wildschweinen, die hier oft auf der Speisekarte stehen. Die Wildschweine vergreifen sich auch gerne an den Trauben, weshalb einige Winzer automatische Schussanlagen in den Weinbergen installiert haben. Diese knallen aber nur und die Wildschweine lassen sich kaum davon beeindrucken - lärmt es halt ein wenig beim Trauben fressen!

Wildschweinmutter mit ihren Kleinen in der Dämmerung

In Bolgheri und Castagneto Carducci gibt es gute Enoteken, die das Sortiment der Bolgheri-Weine fast komplett führen und für einen ersten, schnellen Überblick eine große Hilfe sind. Zu empfehlen sind beispielsweise die Enoteca da Rossano, Piazza Albero 3, Bolgheri, sowie die Enoteca Tognoni, Via Lauretta 5, Bolgheri, wo man auch gut essen kann. Von Edoardo Scalzini erschien im April 2007 das Buch "Vini di Bolgheri", das Winzer und Weine der Region vorstellt. Darin finden sich auch die Kontaktadressen zu den Weingütern. Das Consorzio Strada del Vino Costa degli Etruschi, ist in San Guido direkt am Anfang der berühmten Zypressenallee ansässig und stellt Informationsmaterial bereit. Einige Weingüter führen Ladengeschäfte und haben reguläre Öffnungszeiten, im Allgemeinen empfiehlt es sich aber im Vorfeld einen Termin für den Besuch auszumachen. Bei den berühmteren Domains wird für Privatbesucher zum Teil eine Gebühr für die Degustation ihrer Weine verlangt.

Ein Stück der berühmten Zypressenallee

Jahr für Jahr ist es interessant, wenngleich nicht gerade billig, die beiden berühmtesten Weine der Region, die schon im Namen wesensverwandt sind, zu vergleichen. Ob dabei der Sassicaia von San Guido oder der Ornellaia der Tenuta dell'Ornellaia die Lorbeeren davonträgt, ist eine Frage des Geschmacks. Der Ornellaia ist vielleicht der femininere, delikatere der beiden, während der Sassicaia sich in der Jugend noch verschlossener zeigt und länger braucht, bevor er seine wahre Größe zeigt.

Das Jahr 2004 war in Bolgheri ein sehr gutes, nach dem sich jetzt schon zu suchen lohnt. In Bolgheri sind viele Weine dieses Jahrgangs bereits ausverkauft. Die gelungenen 2004er sind sehr delikat, ausgewogen und komplex. Für den 2006er erwarten die meisten Winzer ein ähnliches Spitzenjahr. Der 2005er liegt ein bisschen im Schatten dazwischen, aber er ist keinesfalls ein schlechter Jahrgang. Meist etwas körniger und einfacher als der 2004er, aber ansonsten durchwegs gelungen. Die 2003er aus dem heißen Sommer sind oft etwas zu alkoholisch mit fehlender Säure, was sie plump und eingekocht wirken lassen kann. 2002 gilt wie in der restlichen Toskana als einer der schlechtesten Jahrgänge seit langem. Weil in diesem Jahr aber die Spitzenweine der Weingüter zum Teil gar nicht produziert wurden und deren Lesegut somit für die günstigeren, einfachen Weine mitverwendet wurde, gibt es auch hier durchaus Entdeckungen zu machen.

Weinstöcke der Lage Bellaria von Ornellaia

Vor zehn Jahren gab es in Bolgheri knapp zehn Weingüter, heute sind es schon mehr als vierzig. Dieser Report gibt also nur einen Überblick und behandelt sicher nicht alle guten Bolgheri-Produzenten. Das Potential der Region zieht auch berühmte auswärtige Winzer an. Vor einigen Jahren gründete etwa der Piemonteser Angelo Gaja sein Bolgheri-Weingut Ca'Marcanda. Auch Bolgheris Umgebung wird immer interessanter. Lodovico Antinori hat sein Gut Ornellaia verkauft und kümmert sich nun zusammen mit seinem Bruder Piero um ihre Gemeinschaftsunternehmung Campo di Sasso in der Nachbargemeinde Bibona.

Die Preise: Einfacher Bolgheri kostete im August 2007 um die 10 Euro. Die Spitzenweine der Weingüter liegen zwischen 30 und 120 Euro. So kosteten etwa der neueste Sassicaia-Jahrgang in Bolgheri 120 Euro, der Ornelleia 100 Euro, der Grattamacco 45 Euro. Für ältere Flaschen steigen die Preise teilweise erheblich.

Der beste Überblick - Nikolai Vogel auf dem Dach von Castiglioncello

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